Die EZB warnt vor Bitcoin

01.03.2024

Auf dem EZB-Blog haben Ulrich Bindseil und Jürgen Schaaf eine Warnung vor Bitcoin veröffentlicht. Die digitale „Währung“ würde weder als Zahlungsmittel noch als Wertspeicher taugen – ein vernichtendes Urteil.

Der Artikel der beiden EZB-Mitarbeiter ist eine deutliche Warnung an die Öffentlichkeit, die Finger von Bitcoin zu lassen. Der letzte Absatz liest sich wie folgt (Übersetzung durch DeepL, fett durch mich):

„Das Preisniveau von Bitcoin ist kein Indikator für seine Nachhaltigkeit. Es gibt keine wirtschaftlichen Fundamentaldaten, es gibt keinen fairen Wert, aus dem sich seriöse Prognosen ableiten lassen. In einer Spekulationsblase gibt es keinen "Preisnachweis". Stattdessen zeigt ein Aufblähen der Spekulationsblase die Wirksamkeit der Bitcoin-Lobby. Die "Markt"-Kapitalisierung quantifiziert den gesamtgesellschaftlichen Schaden, der entstehen wird, wenn das Kartenhaus zusammenbricht. Es ist wichtig, dass die Behörden wachsam sind und die Gesellschaft vor Geldwäsche, Cyber- und anderen Straftaten, finanziellen Verlusten für die finanziell weniger Gebildeten und umfangreichen Umweltschäden schützen. Diese Aufgabe ist noch nicht erledigt.“

Bitcoin hatte zuletzt deutlich an Wert gewonnen, wobei anzunehmen ist, dass das Buch „Die größte Revolution aller Zeiten: Warum unser Geld stirbt und wie Sie davon profitieren“ von Marc Friedrich und Florian Kössler, welches am 23. Januar erschien, nicht ganz unschuldig daran ist. Die Autoren setzen auf den Bitcoin als Währung der Zukunft, wobei anzunehmen ist, dass sie sich selbst vor Erscheinen ihres Buches damit eingedeckt haben. Das Publikum gehört wahrscheinlich eher zu dem Teil der Bevölkerung, der in Finanzdingen eher unterdurchschnittlich bewandert ist. Andernfalls würde niemand ein Buch kaufen von Marc Friedrich, der 2019 dieses Buch geschrieben hat:

Auf den Crash warten wir noch heute. Es ging zwar in der Pandemie mal etwas runter, aber hier sind die Schlagzeilen von gestern:

Marc Friedrich reiht sich damit ein in die Reihe der „Crash-Propheten“, die mit unterkomplexen Argumenten versuchen, eine weitestgehend ahnungslose Leserschaft davon zu überzeugen, dass nur sie der Schlüssel sind zur Rettung der eigenen Ersparnisse. Der Autor bot zusammen mit einem Co-Autoren einen Aktienfonds an, der lange unterdurchschnittlich performte und von Stiftung Warentest bemängelt wurde. Dazu sind die Vorhersagen des Crash-Propheten von eher zweifelhafter Qualität (fett durch mich). 2022 sagte Friedrich dem Focus:

Friedrich: „Ja, unbedingt. Für Deutschland und Europabin ich short. Nicht nur wegen der Inkompetenz der Politik und der EU, sondern vor allem auch wegen der Demographie. In den nächsten zehn Jahren wird Deutschland sechs Millionen Arbeitsplätze nicht mehr besetzen können. Bis 2050 wird sich die Bevölkerung in Italien oder Spanien halbieren. Da wird das ganze System zusammenkrachen. Das hat niemand auf dem Schirm. Bis 2050 wird halb Europa de facto bankrott sein. Das ist die tickende Zeitbombe im Hintergrund. Die Gemengelage sieht negativ aus, deshalb rate ich defensiv zu investieren. Und man sollte sich auf das schlimmste Szenario vorbereiten, in der Hoffnung, dass es nicht eintritt.“

Ein Staatsbankrott ist allerdings ausgeschlossen, so wie die Eurozone aktuell aufgestellt ist mit den Ankaufprogrammen der EZB. Dadurch ist klar, dass Investoren immer Staatsanleihen an die EZB verkaufen können zu einem guten Preis. Da diese mit Geldschöpfung bezahlt (bzw. die NZB), sie erhöht also einfach den Kontostand der Bank, kann das nicht schiefgehen. Eine Wiederholung einer Zahlungsfähigkeit wie in Griechenland 2010 ist damit ausgeschlossen.

Die Warnung der EZB ist wichtig, denn Bitcoin ist ähnlich einer echten Währung ein digitales Punktesystem, bei dem die Punkte letztlich begrenzt sind und von einem zum anderen transferiert werden können. Allerdings ist die Frage, warum man für die Punkte, die Bitcoin heißen, überhaupt auch nur einen müden Euro zahlen soll. Schließlich lässt sich mit den Bitcoin anders als bei Staatsanleihen (Zinsen), Immobilien (Miete) und Aktien (Dividenden) kein Geld verdienen. Es ist einzig die Erwartung, dass andere Bitcoin später zu noch höherem Preis kaufen, die den Preis von Bitcoin hochhält und ansteigen lässt.

Wer sich zu den Mechanismen des Geschäfts weiter informieren möchte, kann sich bei Wikipedia die Artikel zur Greater Fool Theory, zu Pump&Dump oder zu Scalping durchlesen und sich von dort in die entsprechenden Fachartikel und Bücher durchklicken.

Was auch immer die Idee war bei der Schaffung von Bitcoin, lässt sich heute wohl feststellen, dass die Erfindung zu einer Menge Schaden beigetragen hat (z.B. durch die Nutzung für Erpressung im Internet) und keinen nennenswerten gesellschaftlichen Fortschritt erzeugt hat. Es wurde Reichtum umverteilt, und viele junge Menschen sind durch Bitcoin reich geworden. Da sie dafür aber nicht gearbeitet haben, ist auch dies kein gesellschaftlich erwünschtes Ergebnis. Als Währung taugt Bitcoin nicht, denn dafür geht der Kurs viel zu heftig hoch und runter. Der übrigens nicht geschützt Begriff der „Krypto-Währung“ ist irreführend, weil es sich bei Bitcoin um keine Währung im eigentlich Sinn handelt – mit einer solchen kann man Steuern bezahlen und das geht mit Bitcoin eben nicht.

Die Warnung der EZB sollte ernstgenommen werden. Die Politik sollte sich erklären, inwiefern sie die Bürgerinnen und Bürger vor Abzocke durch spekulative Investments schützt. Zuletzt ist die Klasse der NFTs gnadenlos abgeschmiert, wie der SRF berichtete:

NFTs – also digitale Gegenstände, die es nur einmal gibt und darum gehandelt werden – sorgten vor zwei Jahren für viel Aufregung. Das Auktionshaus Christie's verkaufte ein NFT des Künstlers Beeple für fast 70 Millionen US-Dollar. Und das britische «Art Review» wählte 2021 eine NFT-Software zur einflussreichsten Künstlerin.

Nun der spektakuläre Crash nach dem Hype: 95 Prozent der NFTs sind keinen Cent mehr wert, sagt eine aktuelle Markt-Untersuchung. 2021 wurden NFTs noch für 17 Milliarden Dollar gehandelt.

Der Schaden bei Bitcoin wäre ungleich größer. Die Verantwortung für eine sinnvolle Regulierung der Märkte, und dazu gehören auch die Finanzmärkte, liegt bei der Politik. Nach der Finanzkrise von 2008/09, in der Immobilien massiv an Wert verloren, sollten heute die Verantwortlichen bei Bitcoin & Co. genauer hinschauen.

Disclaimer: Ich bin nicht in Bitcoin investiert, weder long noch short und verfolge mit diesem Artikel keine finanziellen Interessen.