Die neue Politik der EZB funktioniert

13.06.2024

Seit 2012 hat die EZB eine neue Rolle angenommen. Sie stellt sicher, dass den nationalen Regierungen der Eurozone das Geld nicht ausgeht. Dies erreicht sie mit Ankäufen von Staatsanleihen bzw. der Erwartung, dass sie das tut. Es kostet uns keinen Cent und funktioniert gerade jetzt hervorragend.

Die NY Times schrieb kürzlich (Übersetzung mit DeepL):

Die Investoren machten am Dienstag deutlich, wie groß ihre Besorgnis über das Wagnis von Präsident Emmanuel Macron ist, Neuwahlen in Frankreich auszurufen. Dies trieb die Kreditkosten des Landes in die Höhe, drückte die Aktienkurse nach unten und veranlasste die Rating-Agentur Moody's zu der Warnung, dass sie die französischen Staatsschulden herabstufen könnte, da die Risiken der politischen Instabilität steigen.

Macrons Auflösung des Unterhauses am Sonntag, nachdem seine Partei bei den Wahlen zum Europäischen Parlament von Marine Le Pens rechtsextremer Partei geschlagen wurde, hat Befürchtungen geschürt, dass die Regierung in eine Sackgasse geraten könnte. Die Turbulenzen haben die Aufmerksamkeit auf Frankreichs fragile Finanzen und die Aussicht auf einen legislativen Stillstand gelenkt, der die Fähigkeit der Regierung, dieses Problem zu lösen, untergraben könnte.

In der Vergangenheit haben solche „politischen Turbulenzen“ in Verbindung mit „fragilen Finanzen“ in der Eurozone dazu geführt, dass der Kurs der Staatsanleihen des jeweiligen Lands abgestürzt sind. Warum? Wenn die Zentralbank die nationalen Regierungen nicht durch Ankauf von Staatsanleihen stützt, fragen sich die Investoren, wer ihnen in Zukunft z.B. französische Staatsanleihen abkauft. Die EZB also nicht, wer sonst? Andere Investoren wollen vielleicht auch alle verkaufen, keiner will kaufen. Solch eine Situation wäre eine Katastrophe, der Preis könnte sogar auf null sinken. Also lieber jetzt schnell verkaufen, um ein solches Szenario auszuschließen. Wenn das alle machen, dann sinkt der Preis der Staatsanleihen.

Die Staatsanleihen aber verspricht einen festen Betrag, der bei Fälligkeit gezahlt wird, plus ggf. einen Zins (kommt auf die Laufzeit an, bei kurzer gibt es auch mal keinen). Wenn also der Preis einer Anleihen über 100 Mio. € auf 50 Mio. € fällt, weil die Investoren die Zahlungsunfähigkeit der frz. Regierung mit 50 % einschätzen, dann erhöht sich die Verzinsung des Investors. Er zahlt 50 Mio. € und bekäme im Fall der Zahlung 100 Mio. € zurück. Das wäre eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals von 100%, eine glatte Verdopplung!

Dies erklärt, warum die Verzinsung der Staatsanleihen in der Eurokrise so angestiegen ist in den 2010er Jahren. In Griechenland lag sie bei etwa 30 Prozent. Heute aber sind die Verzinsungen fast überall gleich. Warum? Die EZB hat mit ihren Ankaufprogrammen seit 2012 dafür gesorgt, dass die Investoren ihre Anleihen an die EZB verkaufen können. So gibt es kein Ausfallrisiko mehr. Dieses war vorher nur entstanden, weil die EZB sich geweigert hat, als Ankäufer der letzten Hand dafür zu sorgen, dass die nationalen Regierungen zahlungsfähig sind. Damit hat die EZB aber zu Finanzmarkt*IN*stabilität beigetragen, und das sollte sie besser nicht, denn Finanzmarktstabilität ist eines ihrer Sekundärziele.

So lächeln die Investoren heute nur müde, wenn ihnen andere weismachen wollen, dass eine neue Eurokrise droht und sie besser frz. Staatsanleihen verkaufen sollten (siehe Twitter-Bild unten). Die Neuausrichtung der EZB unter Mario Draghi war eine sehr gute Idee. Das Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) war eine sehr gute Idee. So bleibt uns in der Eurozone eine Finanzmarktkrise in der Folge politischer Unsicherheit in Frankreich erspart. Die neue Governance der EZB (und des Eurosystems) ist ein toller Erfolg, der auch dringend nötig war.

Nun müssen noch die Fiskalregeln runderneuert werden, denn die stellen immer noch eine große Gefahr für nachhaltige, wirtschaftliche, und sozial gerechte Prosperität da. Während die nationalen Regierungen nicht zahlungsunfähig werden können, können zu hohe fiskalische Defizite (>3% des BIP) immer noch dazu führen, dass die Europäische Kommission Staatsausgabenkürzungen durchsetzt. Das allerdings hat uns schon 2010 in die Wirtschaftskrise geführt, und zwar mit Großbritannien zusammen, während die USA, China und Japan die erhöhten fiskalischen Defizite einfach aussa´ßen.