Geldschöpfung in Neuseeland
Die neuseeländische Zentralbank hat ein Papier zur Geldschöpfung herausgegeben. Die Inhalte bestätigen Aussagen der Modern Monetary Theory und widersprechen dem, was in den meisten Lehrbüchern der Makroökonomik steht.
Die Reserve Bank of New Zealand hat am 31. Januar 2023 in ihrem Bulletin (Band 86 Nummer 1) einen Artikel von John Knowles, Laura Austin, Lewis Kerr mit dem Titel „Money creation in New Zealand“ veröffentlicht. Die Darstellungsweise im Artikel ist eine bilanzielle Sicht, so wie sie auch von der MMT genutzt wird. Einmal mehr bestätigt sich, dass der Geldmultiplikator aus den Lehrbüchern falsch ist. In der Schlussfolgerung heißt es:
"Der überwiegende Teil der umlaufenden Geldmenge wird von den Geschäftsbanken durch die Kreditvergabe der Banken geschaffen. Die Zentralbank hat zwar eine direkte Kontrolle über die Höhe des settlement cash [Zentralbankguthaben], aber dies hat nur einen indirekten Einfluss auf die Geldmenge in der Wirtschaft und ist für die Übertragung der Geldpolitik im derzeitigen Rahmen nicht besonders relevant.“
Die Menge an Zentralbankguthaben ist also nicht ausschlaggebend für eine Wirtschaft. Bei der Kreditvergabe der Banken an Haushalte und Unternehmen entstehen neue Guthaben bei den Banken. Es werden also keineswegs Ersparnisse oder Zentralbankgeld weiterverliehen, so wie es fälschlich noch immer beschrieben wird. Hier ein Beispiel zur Kreditschöpfung aus dem Text (meine Hervorhebung):
John möchte von Laura ein Haus für 1 Million Dollar kaufen, muss sich dafür aber 800.000 Dollar von der Bank leihen. Da die Bank John vertraut, gewährt sie ihm einen Kredit, der in der Bilanz der Bank als Vermögenswert in Höhe von 800.000 $ erscheint. Der Kredit ist eine Verbindlichkeit für John, aber ein Vermögenswert für die Bank. Gleichzeitig gewährt die Bank Laura eine Bankeinlage in Höhe von 800.000 $, die in der Bilanz der Bank zu einer Verbindlichkeit in Höhe von 800.000 $ wird. Die Einlage ist ein Vermögenswert für Laura, aber eine Verbindlichkeit für die Bank. Laura erhält auch die Einlage von John in Höhe von 200.000 $. Dabei sind die Aktiva und Passiva der Bank gewachsen, und durch die Zunahme der Einlagen wurden 800.000 $ an neuem breitem Geld geschaffen (Abbildung 5). John wird den Kredit im Laufe der Zeit zurückzahlen, wodurch die weite Geldmenge allmählich vernichtet wird.“
Interessant sind auch die Ausführungen zur Rolle der Staatsausgaben (meine Hervorhebung):
„Nur Transaktionen, an denen die Regierung und die Zentralbank beteiligt sind, können den Bestand an Abwicklungsmitteln verändern. Die Besteuerung und Kreditaufnahme der Regierung verringert die Menge an Reserven, während die Ausgaben der Regierung und die Tilgung von Schulden die Menge an Reserven erhöhen. Das Konto der Regierung bei der Reserve Bank wird als "Crown settlement account" bezeichnet und ist technisch gesehen nicht in der Menge der Reserven enthalten.“
Auch hier wird MMT bestätigt. Staatsausgaben führen zu einer Erhöhung der Guthaben der Banken bei der Zentralbank (Reserven), Steuern und Staatsanleihenverkäufe verringern die Menge an Reserven. Die Zentralbank bestätigt auch, dass sie Instrumente hat und benutzt, um die Veränderungen der Menge an Reserven nach fiskalischen Operationen zu neutralisieren.
Das Papier unterstützt also gerade die zentrale fiskalische Einsicht der MMT, dass der Staat seine Ausgaben tätigt, indem die Zentralbank die Konten der Banken erhöht, während diese die Konten der KundInnen erhöht. Steuern vernichten entsprechend Reserven und erhöhen das Guthaben der Bundesregierung ("Crown settlement account"), wobei diese nicht zu den Reserven und damit zur Geldmenge gerechnet wird. Eine Erklärung wird in dem Papier nicht gegeben, aber sie liegt auf der Hand und wird seit mehr als 25 Jahren von der MMT beschrieben: Modernes Geld ist nichts anderes als ein Schuldschein des Staates, der diesen für Zahlungen an sich selbst akzeptiert. Wenn also Geld zum Staat zurückkehrt, verliert es seine ursprüngliche Geldfunktion: Zahlungen an den Staat zu leisten. Der Staat leistet keine Zahlungen an sich selbst und es wäre völlig vermessen, sein Guthaben bei der Zentralbank als Geldvermögen zu bezeichnen. Ich kann ja schließlich auch nicht einfach einen Schuldschein über eine Million Euro ausstellen und mir diesen in die Kasse legen, um am nächsten Tag damit zu prahlen, dass ich Millionär wäre.
Der Staat braucht nicht unser Geld, sondern er braucht unsere Ressourcen. Als Geldschöpfer kümmert sich seine Zentralbank um die Zahlungen. Die Grenze der Staatsausgaben liegt in den Ressourcen, die die Bürgerinnen und Bürger dem Staat (frewillig) verkaufen. Nach dieser Veröffentlichung kann man eigentlich nur noch sagen, dass die MMT als Beschreibung der Realität der Geldschöpfung bestätigt ist. Mir ist zumindest kein Text einer Zentralbank bekannt, indem behauptet wird, der Staat müsse erst Steuern oder Staatsanleihenerlöse einnehmen, bevor er Geld ausgibt.
In meinem Buch „Geld und Kredit: Eine €-päische Perspektive“ wird die Geldschöpfung sowohl der Banken wie auch der Bundesregierung richtig dargestellt wird. Das Buch ist im Buchhandel erhältlich, aber auch online - wer will, kann direkt beim Verlag bestellen (kostenloser Versand, Paypal und andere Zahlungsarten).