Georg Friedrich Knapp erkennt keine Staatsverschuldung

20.09.2024

„Die Staatliche Theorie des Geldes“ von Georg Friedrich Knapp begründet den Chartalismus. Interessanterweise schreibt Knapp sehr deutlich, dass es keine „Staatsverschuldung“ gäbe, weil es sich bei Papiergeld eben nicht um Schuldverschreibungen handeln würde.

In seinem 1905 veröffentlichten Werk zur Geldtheorie erkennt Knapp Geld als das, was es heute immer noch ist: eine rechtliche Konstruktion, die Zahlungen an den Staat definiert und auch das Zahlungsmittel selbst per Charta proklamiert - der Chartalismus war geboren. In der 4. Auflage heißt es auf Seite 41:

„Hiergegen ist daran zu erinnern, daß die Aufschrift der Chartalstücke keine Quelle für die Erkenntnis der juristischen Natur der Stücke ist, sondern nur ein Erkennungszeichen. Es kommt darauf an, wie jene Stücke rechtlich behandelt werden. Selbst wenn sie textuell als Schuldverschreibung auftreten, sind sie es nicht, wenn jene Schuld nicht liquid ist. Und so liegt die Sache beim echten Papiergeld; der Staat bietet dafür kein anderes Zahlungsmittel, also ist es kein Schuldschein des Staates, auch wenn es ausdrücklich darauf stände, denn das ist dann nur ein politischer guter Vorsatz, aber es ist nicht tatsächlich wahr, daß der Staat sie durch andere Zahlungsmittel einlöst. Nicht was der Staat gern tun möchte wenn er könnte, sondern was der Staat tut, ist das Entscheidende. Demnach ist es völlig verkehrt, im echten Papiergeld keine wirkliche Zahlung zu sehen; sie ist ganz und gar wirklich - aber sie ist nicht stofflich.“

Bei Papiergeld, so Knapp, handelt es sich also nicht um Schuldverschreibungen. Der Staat „schuldet“ den Bürgern nichts, außer vielleicht die Annahme seines Geldes. Er verspricht nicht, den Bürgern für sein Geld eine andere Forderung zu geben, sondern er reduziert die Steuerschulden.

Damit ist klar, dass es keine „Staatsverschuldung“ geben kann. Der Staat verspricht nie, dass er sein Papiergeld wieder einsammelt. Er tut das über die Jahrzehnte trotzdem, denn Steuern reduzieren das im Besitz des nicht-staatlichen Sektors befindliche Papiergeld. Solange jedoch die Staatsausgaben, die Papiergeld in Umlauf bringen, höher liegen als die Steuerzahlungen, steigt die Menge an Papiergeld in der Wirtschaft an.

Dabei wird heute „Staatsverschuldung“ definiert als die Summe aller Staatsausgaben abzüglich der Summe aller Steuereinnahmen. Diese Definition lehnt Knapp also ab. Getrennt davon ist die Frage zu sehen, ob dem Staat das eigene Papiergeld ausgehen kann. Das ist jedoch sehr einfach zu verneinen, denn die eigene Zentralbank bringt ja das staatliche Papiergeld in Umlauf. Insofern ist die heutige Angst vor der Staatsverschuldung und die Betonung der „Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen“ nur ein Ausdruck von Unkenntnis des Geldsystems.

Etwa ein halbes Jahrhundert nach Knapp, als durch die fiskalpolitischen Konjunkturprogramme in den 1930er Jahren und den 2. Weltkrieg allen klar war, dass die Zahlungsfähigkeit einer Bundesregierung immer gewährleistet wäre (in eigener Währung), schrieb dann Abba Lerner seine Papiere zu „Functional Finance“ als Antwort auf die Frage, wie viel Geld der Staat denn ausgeben solle.