Niedrige Inflation und Nullzins in Japan

31.01.2024

In Japan ist die Inflation gerade unter das Inflationsziel der Zentralbank gefallen – bei permanentem Nullzins. Hier wird das Versagen der (neu-keynesianischen) Geldpolitik deutlich. Niedrige Zinsen sind nicht expansiv, sie erhöhen weder die privaten Investitionen noch die Inflation.

Das Handelsblatt berichtete jüngst zu und aus Japan:

„Tokio. Die Kerninflation in Japans Hauptstadt ist unter das Zwei-Prozent-Ziel der Zentralbank Bank of Japan (BOJ) gerutscht und hat damit den niedrigsten Stand seit fast zwei Jahren erreicht. Wie am Freitag aus offiziellen Regierungsdaten hervorging, stieg der Kernverbraucherpreisindex (VPI) in Tokio im Januar um 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Der Anstieg war langsamer als die erwartete Marktprognose von 1,9 Prozent. Die Kerninflation in Tokio, die die frischen Lebensmittel ausschließt, aber Treibstoffkosten einschließt, sank den dritten Monat in Folge und befindet sich jetzt auf den niedrigsten Stand seit März 2022.“

Diese Nachrichten werden viele mit Verwunderung aufnehmen, denn nach der gängigen Theorie des Inflationsziels sollen niedrige Zinsen ja expansiv wirken, also die Inflation erhöhen. Die EZB zum Beispiel schreibt auf ihren Seiten im Internet (Übersetzung mit DeepL):

„Durch die Anpassung ihrer Zinssätze kann die EZB zum Beispiel beeinflussen, wie teuer es für die Menschen ist, sich Geld zu leihen. Denken Sie an Geschäftsinhaber, die einen Bankkredit aufnehmen wollen, um ihr Geschäft auszubauen, oder an Menschen, die eine Hypothek aufnehmen wollen, um ein Haus zu kaufen. Indem sie beeinflusst, wie teuer es ist, sich Geld zu leihen, wirkt sich unsere Geldpolitik darauf aus, wie viel wir - als Verbraucher oder Eigentümer von Unternehmen - ausgeben und investieren. Dies wiederum wirkt sich auf die Kosten der Dinge aus. Indem wir also die Zinssätze ändern, können wir die Preise und die Inflation beeinflussen.“

Empirisch gesehen sollte da bedeuten, dass eine Reduktion des Zinses oder ein Nullzins (die Zentralbanken sind sich selbst nicht einig, welches nun gilt) dazu führt, dass die privaten Investitionen steigen – und zwar heftig, denn diese „ultralockere“ Geldpolitik soll ja die Kapitalkosten der privaten Akteure auf ein Minimum senken. Allerdings zeigt die Abbildung unten, dass die privaten Investitionen zwar ganz gut wachsen (rechte Achse), aber mehr auch nicht. Ein Feuerwerk der Investitionen hat die Bank of Japan mit ihrem Nullzins also nicht ausgelöst.

Zins und private Investitionen in Japan
Zins und private Investitionen in Japan

Japan zeigt, dass der Zins nicht die wesentliche Determinante der Inflationsrate ist. Zudem zeigt Japan, dass Nullzinsen wahrscheinlich sogar die Inflationsrate reduzierten. Warum? Erstens sorgen sie für niedrige Kapitalkosten. Sinkende Kosten geben die Unternehmen, die im Wettbewerb stehen, über sinkende Preise an die Konsumenten weiter, um keine Marktanteile zu verlieren. Zweitens sinken bei Nullzinsen die Zinseinkommen der Staatsanleihenbesitzer auf null. Sie werden weniger konsumieren und sie erwarten auch weniger Einkommen in Zukunft, was ihre Erwartungen über die Zukunft eintrübt.

Die Zentralbanken sollten nach dieser „Inflationsepisode“ über ihre Geldtheorie nachdenken. Anscheinend ist diese fehlerhaft. Nicht alles, was mathematisch zum Gleichgewicht führt, ist gesellschaftlich relevant. Christine Lagarde hat mit ihren jüngsten Kommentaren diese Debatte angestoßen. Es ist zu hoffen, dass sich die Zentralbankökonomen nun um eine Überprüfung ihrer Modelle durch Außenstehende bemühen, damit die Zentralbanken aus der „Inflation“, die nur ein Symptom steigender Energiepreise war, lernen können.