Rekordbeschäftigung in der Eurozone
Die Arbeitslosenquote in der Eurozone beträgt aktuell nur 6,5 Prozent - so niedrig lag sie noch nie seit Bestehen der Eurozone. Die Erklärung sind wohl die weiter wachsenden Staatsausgaben bei sinkenden Steuereinnahmen und hohen staatlichen Defiziten. Was eigentlich gar nicht sein soll, entpuppt sich nun als Programm für Vollbeschäftigung.
Die Arbeitslosenquote in der Eurozone und in der EU liegen bei 6,5 bzw. etwa 6 Prozent. Dies sind gute Nachrichten, denn es handelt sich in beiden Fällen um Rekordwerte. Auch wenn es immer noch hohe Werte sind im internationalen Vergleich zeigt uns die Realität, dass wir wirtschaftspolitisch in der Eurozone auf dem richtigen Weg sind. Die durch Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg ausgelösten höheren Staatsausgaben bei geringeren Steuerzahlungen (durch den lock-down, Senkungen der MwSt. usw.) haben zu mehr Nachfrage geführt, was die Unternehmen dazu gebracht hat, die Beschäftigung zu erhöhen.
Die Abbildung unten zeigt die Entwicklung der Staatsausgaben, wobei das Ende der Rezession in der Folge der globalen Finanzkrise von 2008/09 als Indexwert von 100 fungiert. In der Folge der Krise wurden in einigen Ländern die Staatsausgaben gekürzt, was ab Mitte der 2010er Jahre zurückgenommen wurde. Seitdem wächst die europäische Wirtschaft. Höhere Ausgaben in der Folge der Pandemie haben die Staatsausgaben weiter erhöht. Die Fiskalregeln der Eurozone aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt sind seit dem Frühjahr 2020 außer Kraft gesetzt, ebenso die nationalen Schuldenbremse. Das Ergebnis? Stabilität und Wachstum!
Es ist ein Zeichen für ein Umdenken in der Wirtschaftspolitik, dass in der Krise das Aussetzen der Regeln dazu geführt hat, dass es der Wirtschaft und uns sehr viel besser geht als mit Regeln. Wenn die Eurozone die Fiskalregeln jetzt ändern möchte, sollte sie darüber nachdenken, ob sie nicht vielleicht stattdessen die Fiskalregeln einfach abschafft. Alternativ könnten auch Vollbeschäftigungsziele eingeführt werden, wie Michael Paetz und ich das letztes Jahr in einem Forschungspapier skizziert hatten (open access).
Zum Abschluss noch einmal ein Blick auf die staatlichen Defizite in der Abbildung oben, die von 2018 und 2019 betrachtet förmlich explodiert sind (Quelle). Wo der Staat in der Eurozone 2018 und 2019 etwa 50 bzw. 76 Milliarden Euro mehr ausgab als er über Steuern dem Geldkreislauf wieder entzog, waren es 2020 satte 807 Milliarden Euro und 2021 immerhin noch 630 Milliarden Euro. All dies hat wirtschaftlich gesehen positive Wirkungen gehabt. Der Anstieg der Staatsschulden ist auch eine Folge dieser Situation, allerdings können wir damit sehr gut leben, da ja die EZB inzwischen die nationalen Regierungen unterstützt und diese de facto nicht zahlungsunfähig werden können. Die griechischen Staatsschulden betrugen bspw. im Jahr 2020 über 210 Prozent. Trotzdem kam das Land problemlos durch die Krise, was die Ausgaben des Staates anbelangt.
Mit der Inflation hat das ganze übrigens herzlich wenig zu tun. Steigende Energiepreise haben weltweit zu erhöhter Inflation beigetragen. Wie wir wissen, wird die Fördermenge von Erdgas und Erdöl an die Nachfrage angepasst, um den Preise hoch und stabil zu halten. OPEC ist ein Kartell, Gazprom hat fast ein Monopol in Europa. Eine geringere Nachfrage würde da sehr wahrscheinlich keinen großen Einfluss auf den Preis haben. Dieser schwankt, auch getrieben durch Spekulation, mal hoch und mal runter. Um ein Durchschlagen auf die Inflation zu verhindern, müsste sich die EU selbst mit Energie versorgen können. Das ist aber ein Thema für einen anderen Artikel.