Staatsverschuldungsexplosionsgefahr!

25.03.2024

Das Bundesministerium der Finanzen warnt in einem Bericht, dass die Staatsverschuldung auf 365% des BIP ansteigen könnte, wenn es ungünstig läuft. Aber vielleicht ist es ja doch günstig, weil das bedeuten würde, dass das private Geldvermögen Euro für Euro mit steigt?

Das BMF warnt in seiner Studie von letzter Woche:

„Die alterungsbedingten öffentlichen Ausgaben könnten bis zum Jahr 2070 unter ungünstigen Bedingungen von 27,3 % des BIP in 2022 auf 36,1 % in 2070 steigen. Unter günstigen Bedingungen erreichen sie bis zum Jahr 2070 30,8 % des BIP. Die steigenden Ausgaben werden zu einem Anstieg der gesamtstaatlichen Finanzierungsdefizite führen. Unter günstigen Annahmen könnte der Schuldenstand nach den Projektionen bis zum Jahr 2070 auf rund 140 % des BIP steigen, unter eher ungünstigen Annahmen auf rund 365 % des BIP. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die Projektionen die verfassungsrechtliche Schuldenregel unberücksichtigt lassen.

Die fiskalische Tragfähigkeit hat sich damit im Vergleich zum vorangegangenen Tragfähigkeitsbericht aus dem Jahr 2020 trotz günstigerer Bevölkerungsvorausberechnung verschlechtert. Die Tragfähigkeitsrisiken konzentrieren sich vor allem auf die Bundesebene. Das ergibt sich sowohl aus der Verantwortung des Bundes für die Liquidität der Sozialversicherungen als auch durch direkte Effekte für den Bundeshaushalt. Die Finanzen der Länder und Gemeinden sind hingegen insgesamt weniger stark von der demografischen Alterung betroffen.“

Die Studie krankt an den üblichen Fehlern. Natürlich wird völlig vergessen, dass ein Anstieg der Staatsverschuldung auf 365% – also ein plus von etwa 300 Prozentpunkten des BIP im Vergleich zu heute – einen Anstieg der privaten Geldvermögen um 300 Prozentpunkte des BIP bedeuten würde. bei einem BIP heute von 4.000 Mrd. € wären das in heutigen Preisen also 12.000 Mrd. €, die wir als Geldvermögen dazubekämen. Dieser Geldvermögensanstieg würde sich wohl in höherem Konsum niederschlagen, weil wir uns dann teurere Autos und Wohnungen und Häuser kaufen würden. Damit stiege aber das BIP. Insofern ist eine Staatsverschuldung in Höhe von 365% unter heutigen Bedingungen in Deutschland so gut wie unmöglich. Die „Vorhersage“ des Berichts hat also kein theoretisches Fundament.

Die Medien reagieren auf den „Bericht“ mit den gewünschten Schlagzeilen:

Die „finanzielle Tragfähigkeit“ ist allerdings kein Problem in der Eurozone. Ein Blick ins Ausland zeigt deutlich, dass „Staatsschuldenquote“ von über 210 Prozent z.B. in Griechenland 2020 die „finanzielle Tragfähigkeit“ nicht überfordert hat. Warum also sollte irgendeine hohe Zahl ein Problem sein?

Der Bericht biegt dann ab und fordert angebotsseitige Strukturreformen. Die allerdings können nicht wirken, wenn die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen zu niedrig ist. In einem solchen Umfeld wollen Unternehmen gar nicht investieren, weil sie die Produktion nicht ausweiten können – es fehlt an Käufern. In einer solchen Situation das Angebot zu erhöhen wäre betriebswirtschaftlicher Selbstmord, wie schon John Maynard Keynes 1936 im letzten Kapitel seiner Allgemeinen Theorie beschrieb (übersetzt mit DeepL):

„Denn wenn die tatsächliche Nachfrage unzureichend ist, ist nicht nur der öffentliche Skandal der verschwendeten Ressourcen unerträglich, sondern auch der einzelne Unternehmer, der versucht, diese Ressourcen zum Einsatz zu bringen, arbeitet mit einem hohen Risiko gegen sich selbst.“

Verlierer sind Unternehmer genauso wie Arbeitslose. Das sieht nicht nach einem (wirtschafts-)politischen Erfolgsrezept aus. Unabhängig von der Frage, ob eine Deindustrialisierung in Deutschland schon läuft – mit dieser Wirtschaftspolitik wird sie herbeigeführt werden.