Über Geldmenge und Inflation
In der gestrigen Ausgabe der Börsenzeitung wurde die Frage behandelt, wie Geldmenge und Inflation zusammenhängen. Meiner Meinung nach deutet aus empirischer und theoretischer Sicht nichts darauf hin, dass es eine kausale Verbindung von Geldmengenerhöhungen gibt hin zu höheren Inflationsraten.
Die Idee, dass eine Erhöhung der Geldmenge zu einer Erhöhung der Inflationsrate führt ist in Deutschland immer noch verbreitet. Das ist bedauerlich, denn weder Theorie noch Empirie deuten darauf hin, dass diese Theorie die Realität beschreibt – und daran müssen sich Theorien messen lassen, wenn sie nicht als reine Glaubensbekenntnisse dienen sollen.
Theoretisch gesehen ist der Fall eindeutig. Etwa 90 Prozent der Preise in der Eurozone werden von privaten Unternehmen gesetzt. Die Frage ist jetzt, ob bei der Festsetzung der Preise die Unternehmen auf die Entwicklung der Geldmenge schauen. Die klare Antwort auf diese Frage lautet: Nein.
Unternehmen erhöhen die Preise, wenn die Kosten steigen oder wenn sie ihren Gewinnaufschlag erhöhen (bei konstanten Kosten).
Steigende Energiepreise? Unternehmen erhöhen die Preise.
Steigende Lohnkosten? Unternehmen erhöhen die Preise.
Steigende Steuern/Zölle auf Inputs? Unternehmen erhöhen die Preise.
Steigende Rohstoffkosten? Unternehmen erhöhen die Preise.
Steigende Zinskosten? Unternehmen erhöhen die Preise.
Da die Konkurrenz das gleiche Problem hat mit steigenden Kosten, sind diese Preiserhöhungen sinnvoll und führen nicht zu einem Verlust an Marktanteilen. Zudem kann ein Unternehmen nicht dauerhaft mit Verlust arbeiten, Erhöhungen den Kosten müssen also zu steigenden Preisen führen.
Das ist der theoretische Teil. Die Geldmenge spielt keine Rolle.
Schauen wir nun auf die Empirie. „Die Geldmenge“ gibt es nicht, sondern nur unterschiedliche Definitionen der Geldmenge, die enger (M1) oder weiter (M2) oder noch weiter (M3) gefasst sind. Schauen wir uns die Entwicklung dieser Geldmengen an, indem wir deren Wachstumsraten in der Abbildung unten mit der Inflationsrate (schwarz und dick) vergleichen. Die Geldmengen verändern sich hier und da, 2001 z.B. brechen sie alle stark ein. Deflation oder auch nur ein Absinken der Inflation folgt jedoch nicht. 2010 springt M1 sehr hoch, M2 und M3 nicht – die Inflationsrate steigt von 0 auf 2 Prozent. Ab 2016 fallen M2 und M3, die Inflationsrate steigt leicht an. Ab 2021 fällt das Geldmengenwachstum, die Inflationsrate steigt aber an. Und so geht es wohl auch weiter.
Wer meint, dass die Geldmenge ein guter Indikator für Inflation ist, liegt falsch. Theorie wie Empirie sprechen deutlich dagegen. Die MMT hingegen erklärt Inflation deutlich besser.