Verantwortlich haushalten im Vereinigten Königreich

21.10.2024

Die Financial Times hat ein interessantes Online-Spielchen zum Haushalt im Vereinigten Königreich veröffentlicht. Wer verantwortlichen haushalten will, kollidiert mit den Fiskalregeln. In einer Demokratie darf das eigentlich nicht sein.

Das Haushaltsspiel

Kannst du die britische Wirtschaft führen?

Schlüpfen Sie in die Rolle des Schatzkanzlers und entwerfen Sie Ihren Haushaltsplan

So sieht der Einstieg aus in das Spielchen der FT, welches sich locker innerhalb von ein paar Minuten durchklicken lässt. Da meiner Meinung nach die Wirtschaft in Großbritannien alles andere als vollausgelastet ist – es gibt 1,4 millionen Arbeitslose – habe ich als Schatzkanzler immer entschlossen, mehr Geld auszugeben. Die Begrenzung liegt ja in den Ressourcen, u.a. in den verfügbaren Arbeitskräften, und nicht in der Verfügbarkeit des Geldes. Dieses stellt die staatliche Bank of England der Regierung wie gewünscht zur Verfügung, so dass die Staatsausgaben komplett mit Geldschöpfung bezahlt werden und Steuereinnahmen dazu führen, dass das frisch geschöpfte Geld wieder zum Staat zurückkehrt. Die Differenz zwischen Staatsausgaben und Steuereinnahmen führt zur Ausgabe von Staatsanleihen, bei der aber nur digitales Zentralbankgeld der Banken gegen ein anderes digitales Zentralbankgeld der Banken getauscht wird (nämlich verzinste Staatsanleihen). Also: Bildungsausgaben und Gesundheitsausgaben maximal hoch! Ebenso Militärausgaben (na gut) und Entwicklungshilfe (yay!). Homeland, Investment, Welfare - immer in die Vollen!

Wenn es um Steuererhöhungen geht, bin ich konservativ. Die Wirtschaft ist nicht vollausgelastet, also gibt es keinen Grund für Steuererhöhungen. Nur da, wo es um soziale Gerechtigkeit geht, erhöhe ich die Steuern. Also kann ich hier nicht nein sagen:

Halten Sie die Versprechen der Labour-Partei ein, die Mehrwertsteuer auf private Schulgebühren zu erheben, die Steuern auf private Kapitalbeteiligungsgesellschaften und nicht börsennotierte Unternehmen zu erhöhen und überschüssige Energiegewinne zu besteuern?

Einkommens- und Unternehmenssteuern lasse ich unverändert, die Steuern auf Renten werden um 20 Mrd. Pfund pro Jahr entlastet, Kapitalerträge und Erbschaftssteuer um 15 Mrd. Pfund jährlich erhöht.

Ergebnis: Ich habe die Fiskalregeln nicht eingehalten. Aber:

Ich habe die Investitionen um 110 Mrd. Pfund pro Jahr erhöht auf etwa 5 Prozent des BIP. Das ist ziemlich genau das, was der Draghi-Plan der EU vorsieht. Mein Haushalt ist also ein voller Erfolg für die Wählerschaft, würde ich sagen. Zudem steigen die Steuereinnahmen zukünftig an, wie die rechte Abbildung zeigt. Das heißt, dass die Wirtschaft gut läuft, denn nur dann sprudeln auch die Steuereinnahmen.

Was lernen wir aus dem Spiel der FT? Wer für Bürgerinnen und Bürger in die Zukunft des Landes und in soziale Gerechtigkeit investieren will, der kann die britische Fiskalregel nicht einhalten. In einer Demokratie sollte es daher solche Regeln nicht geben – vielleicht sollten sie gar in der Landesverfassung explizit verboten werden?