Verzinsung der griechischen Staatsanleihen liegt unter der Verzinsung US-amerikanischer Staatsanleihen

13.11.2023

Viele Beobachter an den Märkten sind der Meinung, dass diese die Preise für Staatsanleihen und damit auch Verzinsung und Zinsen bestimmen. Dies ist jedoch nicht der Fall - wesentlich sind die Zentralbanken, wie hier das Beispiel USA/Griechenland zeigt.

Verzinsung von Staatsanleihen
Verzinsung von Staatsanleihen

Es wird immer wieder gesagt, dass die Preise der Staatsanleihen an Märkten bestimmt werden und dass, wenn Märkte bestimmte Staatsanleihen nicht mehr kaufen, die entsprechende Regierung nicht mehr an Geld kommen wird und schlußendlich Pleite gehen muss. So allgemein ausgedrückt ist das jedoch falsch und InvestorInnen, die dieser Idee gefolgt sind, haben sicherlich schon sehr viel Geld verloren und wenig Worte darüber warum. Hier will ich ein bisschen ins Detail gehen, warum es schwierig ist, auf fallende Kurse (Preise) bei Staatsanleihen zu setzen wenn diese in staatlicher (inländischer) Währung denominiert sind. (Dies bedeutet, dass der Staat verspricht, seine eigene Währung zu liefern bei Fälligkeit.)

Staatsanleihen werden von Bundesregierungen begeben. Diese führen ihre Zahlungen über „ihre“ Zentralbank durch. In den USA ist das die Federal Reserve Bank (Fed), in Griechenland die Zentralbank von Griechenland (und nicht die EZB). Unter welchen Umständen werden Zahlungen der Bundesregierung von der Zentralbank nicht mehr durchgeführt? In den USA gibt es eigentlich nur einen Grund: die Schuldenobergrenze („debt ceiling“). Ist diese erreicht, darf das Finanzministerium eigentlich keine Staatsanleihen mehr begeben. (Ich schreibe eigentlich, weil es einen Notfallplan gibt, der das ggf. umgeht. Dazu schreibe ich später etwas.) Ansonsten wird die Fed immer die Zahlungen der Bundesregierung ausführen. Ein Zahlungsausfall ist also ausgeschlossen. Eine Wette auf fallende Preise der US-Staatsanleihen ist also eine Wette darauf, dass entweder die Zinsen steigen (Zinsrisiko) oder der Staat Pleite geht (Ausfallrisiko), was aber fast unmöglich ist.

In Griechenland ist es so, dass die Zentralbank aufgrund der Regelungen in der Eurozone die Zahlungen der Bundesregierung nur dann durchführen darf, wenn deren Konto bei der Zentralbank nicht negativ ist. Dieses Konto wird negativ, wenn die Zentralbank im Auftrag des Finanzministeriums der griechischen Zentralbank Geld schöpft (und so die Ausgaben der Regierung tätigt). Es wird wieder aufgefüllt, wenn Steuereinnahmen verbucht werden und die Erlöse von Staatsanleihenverkäufen. Solange es also eine Nachfrage gibt nach griechischen Staatsanleihen, ist eine Zahlungsunfähigkeit der Bundesregierung von Griechenland ausgeschlossen. Die EZB sorgt seit 2012 (bzw. 2020 für Griechenland) dafür, dass diese Nachfrage immer da ist, indem sie selbst verspricht, Staatsanleihen aufzukaufen. So wissen die InvestorInnen, dass sie ihre Papiere immer loswerden.

Der Zins, der nominal festgelegt wird bei der Emission von Staatsanleihen und der auch meist die Verzinsung (yield) bestimmt, liegt meist leicht über dem jeweiligen Einlagezins der Zentralbank. Das erklärt auch, warum seit einiger Zeit die Verzinsung griechischer Staatsanleihen *unterhalb* von der US-amerikanischer Staatsanleihen liegt, wie die Abbildung oben zeigt. Das hat alles damit zu tun, dass die Zentralbankzinsen auf Guthaben in den USA mit 5,4% höher sind als in der Eurozone (4%). Das hat nichts damit zu tun, dass die Staatsverschuldung der Bundesregierung in Griechenland deutlich höher ist als in den USA, wie die Abbildung unten zeigt.

Die Verzinsung der Staatsanleihen ist also eine wirtschaftspolitische Variable der Zentralbank und wird nur soweit von Märkten bestimmt, wie die Zentralbank nicht eingreift. Sie kann jederzeit die Kontrolle wiedererlangen und die Preise vorgeben, so wie es z.B. die Bank of Japan lange Jahre gezeigt hat. Wer der Meinung ist, dass die Verzinsung davon abhängt, wie hoch die „Staatsverschuldung” ist, muss an dieser Stelle an der empirischen Evidenz verzweifeln.