Was begrenzt die Kreditmenge?

17.06.2024

Banken können über Kreditschöpfung im Zusammenspiel mit Haushalten, Unternehmen und Regierungsstellen unterhalb der Bundesregierung Zahlungsversprechen in staatlicher Währung schöpfen. Theoretisch funktioniert das unbegrenzt. Was also begrenzt dann die Kreditmenge?

In Kapitel 3 meines Lehrbuchs beschäftige ich mich mit dem Geld der Banken. Das Geld der Banken unterscheidet sich vom staatlichen Geld, denn anders als bei Bargeld oder Reserven (Guthaben der Banken bei der Zentralbank) handelt es sich dabei um Zahlungsversprechen. Die Bank verspricht, Zahlungen in Höhe unseres Guthabens durchzuführen oder uns Bargeld zu verschaffen, welches wir dann nutzen, um selber die Zahlung durchzuführen. Sollte die Bank pleite gehen, wird die Zahlung nicht durchgeführt. Eine Pleite kann bei der Zentralbank nicht passieren (es gibt kein Insolvenzrecht für Zentralbanken), zudem ist diese Geldschöpferin immer zahlungsfähig. Bei Banken aber kommt es ab und an zu Bankenkrisen und Finanzkrisen. Der Staat sorgt allerdings normalerweise dafür, dass die Banken gestützt werden, so dass wir um unser Geld nicht fürchten müssen. Das funktioniert allerdings nur, solange unsere Guthaben bei den Banken in einheimischer Währung nominiert sind.

Banken können Kredite vergeben an Haushalte und Unternehmen (privater Sektor), aber auch an Regierungen und öffentliche Unternehmen. Dabei handelt es sich um einen Austausch von Zahlungsversprechen. Diese werden durch den Kreditvertrag festgehalten. Kommt es zur Unterzeichnung, werden beide Zahlungsversprechen rechtskräftig. Die Bank verspricht die Bereitstellung eines Guthabens in staatlicher Währung in Höhe der Kreditsumme auf dem Konto des Kreditnehmers. Dieses wird mit dem Computer erzeugt, indem der Kontostand erhöht wird. Banken verleihen also an uns kein Geld, sondern sie schöpfen Zahlungsversprechen (die für uns wie Geld funktionieren in normalen Zeiten). Der Kreditnehmen bezahlt mit seinem Zahlungsversprechen, die Kreditsumme plus Zinsen in Zukunft zurückzuzahlen.

Was begrenzt dann die Kreditmenge, wenn es ein elastisches „Angebot“ an Kredit gibt?

Offensichtlich bestimmt die Nachfrage nach Kredit die Kreditmenge. Es gibt zwar auf der Angebotsseite viel an Regulierung, aber der Einfluss auf die Kreditmenge ist wohl nicht so hoch. Banken verlangen beispielsweise bei der Kreditvergabe meist Sicherheiten. Wer keine Sicherheiten hat, der will aber wahrscheinlich auch keinen Kredit, denn sollte es mit der Rückzahlung nicht klappen droht die Privatinsolvenz. Kredite müssen zurückgezahlt werden und das bedeutet, dass nur der sich einen Kredit nimmt, der das Geld irgendwie gewinnbringend investieren kann und will. (Ob es denn klappt sei dahingestellt. Jeder Kredit ist ein Risiko für die Bank.)

Praktisch ist die Nachfrage nach Kredit limitiert, und für einen Kreditvertrag braucht die Bank jemanden, der die Rolle des Kreditnehmers übernimmt. Deren Zahl ist jedoch begrenzt, weil selbst bei Nullzinsen niemand auf die Idee kommt, einen Kredit von der Bank in Anspruch zu nehmen, den er nachher vielleicht gar nicht zurückzahlen kann. In guten wirtschaftlichen Zeiten ist daher die Kreditnachfrage hoch (und wächst), in schlechten Zeiten ist sie niedrig. Das hat nichts mit einem „Angebot“ an Kredit zu tun, sondern alles mit der Nachfrage nach Kredit. Wenn z.B. der deutsche Finanzminister knausert und kürzt, dann wird die Kreditnachfrage schwächer sein als in den USA, wo der Haushalt Chefsache ist und Biden Hunderte von Milliarden Dollar ausgibt für Güter und Dienstleistungen der amerikanischen Unternehmen, die entsprechend Kredite nehmen, um ihre Produktion zu erweitern oder zu modernisieren. Daher ist die Kreditmenge in den USA gerade relativ konstant, weil zwar einige Unternehmen Kredite tilgen und keine neuen Kredit aufnehmen, andere Unternehmen aber doch neue Kredit nutzen. (Haushalte haben natürlich auch einen Einfluß auf die Kreditmenge, hauptsächlich über Immobilienbau und -kauf.)

In der Abbildung unten sind für die USA die kommerziellen Kredite aufgeführt. Bricht die Wirtschaft ein, gibt es eine Rezession – die Ausgaben sinken (graue Balken). Dadurch gibt es weniger zu verdienen und die Banken vergeben weniger Kredite, weil die Unternehmen ihre Erwartungen nach unten korrigieren und Investitionen verschieben oder absagen. Der Trend ist dabei strikt linear. Eine exponentielle Entwicklung mit ausufernder Kreditvergabe und drohender Inflation ist also nicht auszumachen. Die theoretisch unbegrenzte Kreditschöpfung der Banken trifft also auf eine limitierende Nachfrage der Kreditnehmer, die somit die Kreditmenge determiniert.