Wie kann Belgien das fiskalische Defizit reduzieren?

29.08.2024

Die belgische Regierung muss aufgrund der Fiskalregeln der EU das fiskalische Defizit reduzieren, welches 2023 bei 4,4 Prozent des BIP lag. Mit Ausgabenkürzungen wird das aber nicht zu schaffen sein. Seltsamerweise werden Steuererhöhungen aber nicht diskutiert. Warum nicht?

Die Wiedereinführung der Fiskalregeln des Stabilitäts- und Wachstumspaktes stellt die Länder der Eurozone (und der EU) vor einige Probleme. VRT News berichtet (Übersetzung mit DeepL):

„Nach Angaben des belgischen Finanzministers Vincent Van Peteghem (flämischer Christdemokrat) muss Belgien aufgrund der neuen europäischen Vorschriften jährlich 0,57 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts aufbringen. Das ist ein Durchschnittswert für einen Zeitraum von 7 Jahren. In Euro ausgedrückt bedeutet das eine Anstrengung von 3,4 Milliarden Euro pro Jahr.“

Eine Reduktion des fiskalischen Defizits ist für die belgische Regierung um so schwieriger, als es sich nicht unter ihrer direkten Kontrolle befindet. Die Regierung beschließt zwar ihren Haushalt, aber einige Ausgaben hängen von der Konjunktur ab. Arbeitslosengeld wird vermehrt ausgezahlt, wenn die Arbeitslosigkeit aufgrund der konjunkturellen Entwicklung steigt. Das kann z.B. daher kommen, dass die deutsche Wirtschaft schwächelt und die belgischen Exporte nach Deutschland lahmen, woraufhin die Beschäftigung im Exportsektor reduziert wird. Steigende Arbeitslosigkeit führt auch zu geringeren Steuereinnahmen. Die belgische Regierung kann also das fiskalische Defizit direkt gar nicht bestimmen, denn die Formel lautet:

Fiskalisches Defizit = Staatsausgaben minus Steuereinnahmen

So muss die belgische Regierung hoffen, dass die Steuereinnahmen möglichst hoch ausfallen. Gleichzeitig sollte sie wissen, dass staatliche Ausgaben private Einnahmen erzeugen, die wiederum zu privaten Ausgaben führen (Konsum). Dabei fließt über die Mehrwertsteuer das Geld nach und nach wieder zum Staat zurück. Generell gilt dabei für eine Bundesregierung:

Der Staat kann nur das einnehmen, was er ausgegeben hat.

Eine Reduktion der Staatsausgaben hat überall in der Eurozone (z.B. in Griechenland) in die Krise geführt. Von daher ist es nur logisch, Steuererhöhungen in Betracht zu ziehen. Seltsamerweise ist davon in dem Artikel aber nicht ansatzweise die Rede. So heißt es in der Unterüberschrift (übersetzt mithilfe von DeepL):

„Das Europäische Parlament hat neue Haushaltsregeln verabschiedet, an die sich die Mitgliedsstaaten halten müssen. Nach den neuen Haushaltsregeln müssen die Mitgliedsstaaten ihre nationalen Haushaltsdefizite innerhalb von 4 bis 7 Jahren auf 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts reduzieren. Für Belgien bedeutet das jährliche Ausgabenkürzungen und Einsparungen von 3,4 Milliarden Euro.“

Ausgabenkürzungen und Einsparungen? Anscheinend ist hier die öffentliche Debatte nicht so weit, zur echten Lösung der Defizitfrage vorzudringen. Staatliche Defizite und auch Staats„schulden“ lassen sich nur dauerhaft reduzieren, wenn die Steuerzahlungen steigen, ohne dass die Wirtschaft einbricht. Das geht nur, wenn die Regierung dort die Steuern erhöht, wo die Bürgerinnen und Bürger sehr hohe Einkommen und Vermögen besitzen und in der Folge ihre Ausgaben nicht kürzen.

Die nationalen Regierungen mit den Defizitverfahren befinden sich in der Zwickmühle. Ausgabenkürzungen würden politische Instabilität und soziale Härten verstärken, Steuererhöhungen für die Reichen sind anscheinend schwer gegen deren Lobby durchzusetzen. Vielleicht wird die Europäische Kommission einfach mal ein Auge zudrücken? Sollte das nicht der Fall sein, könnte es politisch ungemütlich werden in einigen Mitgliedsstaaten.