Woher kommt das Geld für den European Green Deal?
Ein neues Papier des Jacques Delors Center stellt die wichtige Frage, woher das Geld für den European Green Deal kommen soll. Die Antwort, dass Banken die Finanzierung ermöglichen sollen, überzeugt weder politisch noch geldtheoretisch.
Der Klimawandel kommt. Noch können wir versuchen, ihn aufzuhalten und den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf unter 1,5 oder 2 Grad zu begrenzen. Ziel ist eine „grüne Null”, also einen Nettoausstoß von CO2 und anderen Gasen von null zu erreichen. Mit einer „schwarzen Null”, also einem ausgeglichenen Haushalt des Staates, ist die grüne Null wohl nicht vereinbar. Für den European Green Deal der EU werden Investitionen in Höhe von Hunderten von Milliarden Euro benötigt. Woher soll dieses Geld kommen?
Ein Blick in die Lehrbücher zeigt, dass Investitionen durch Banken finanziert werden, die Ersparnisse oder Zentralbankgeld weiterverleihen und es dabei quasi hebeln (gleich mehrfach weiterverleihen). Wie ich letzte Woche beschrieben habe, ist diese Sicht des Geldes falsch. Banken können also eigene Geldschöpfung betreiben. Seit Jahren weisen renommierte Zentralbanken – u.a. die Deutsche Bundesbank und die Bank of England, zuletzt die Zentralbank von Neuseeland – darauf hin. Es gibt auch alternative Denkschulen wie den Postkeynesianismus und die Modern Monetary Theory (MMT), in denen die Geldschöpfung der Banken korrekt dargestellt wird. Banken schöpfen dabei kein Geld, sondern erzeugen bei der Kreditvergabe Zahlungsversprechen in staatlicher Währung. Wir nennen die Guthaben auf unserem Bankkonto normalerweise Giralgeld oder Buchgeld, um es von Bargeld oder Reserven (Guthaben bei der Zentralbank) abzugrenzen.
Die Frage, woher das Geld kommen kann, welches wir für den sozial-ökologischen Umbau brauchen, könnte also mit den Banken und ihrer Geldschöpfung eine Antwort finden. Allerdings ist inzwischen allen mit dem Thema Befassten klar, dass gerade staatliche Infrastruktur neu gebaut und erneuert werden muss nach Jahrzehnten der Vernachlässigung. An dieser Stelle wäre es nur logisch, dass der Staat seine Ausgaben erhöht. In dem Papier von Sebastian Mack heißt es zu dem Thema (eigene Übersetzung):
Die Regierungen tun sich schwer, Finanzierungsquellen für den Europäischen Green Deal zu finden. Der öffentliche Sektor wird als Katalysator für den Übergang fungieren müssen, entweder durch direkte öffentliche Investitionen oder andere Mittel wie Kofinanzierung, öffentlich-private Partnerschaften oder staatliche Garantien. Doch angesichts der Haushaltszwänge setzen die EU-Hauptstädte auf privates Geld. Nach den nationalen Energie- und Klimaplänen beläuft sich der BIP-gewichtete Anteil privater grüner Investitionen, die für den Zeitraum 2021-2030 vorgesehen sind, auf 75 % des gesamten zusätzlichen grünen Investitionsbedarfs in der EU. Die meisten Regierungen geben jedoch nicht an, woher das private Geld kommen soll, und sprechen stattdessen nur vage von "grüner Finanzierung".
Diese Sicht überrascht, denn die Pandemie hat ja gezeigt, dass die nationalen Regierungen in der Eurozone handlungsfähig sind und sein können. Die WirtschaftspolitikerInnen sind also schon viel weiter, als hier im Papier suggeriert wird. Eine Finanzierungsquelle wäre zum Beispiel ein Sondervermögen German Green Deal. Das war 2022 auch eine Forderung von Fridays for Future. Auch die „Haushaltszwänge” sind auf europäischer Ebene bis Ende dieses Jahres außer Kraft gesetzt – die Ausstiegsklausel des Stabilitäts- und Wachstumspaktes ist aktiviert, die Höhe der Defizite des Staates damit nicht mehr „strafbar”. Die EZB hat durch Ankaufprogramme (u.a. das PEPP) die nationalen Regierungen unterstützt, was sehr erfolgreich war. Der griechischen Regierung ging 2010 das Geld aus bei einer „Staatsschuldenquote” von etwa 130 Prozent – diese lag 2020 bei über 210 Prozent!
Hier wird sehr deutlich, dass eine Knappheit des Geldes immer politischer Natur ist. Die griechische Zentralbank kann Euros erzeugen, sie ist Schöpferin des Geldes. Es sind die politischen Regeln der Eurozone, welche ihr 2010 verboten haben, Geld im Auftrag für die Regierung zu schöpfen. In einem gemeinsamen Papier mit Michi Paetz von der Uni Hamburg hatten wir 2021 vorgeschlagen, die Europäische Investitionsbank (EIB) so umzubauen, dass sie die Finanzierung ermöglicht. Dies hätte den Vorteil, dass die bestehenden Regeln nicht dauerhaft außer Kraft gesetzt werden (obwohl sie dysfunktional sind und es verdient hätten). Da uns ein bisschen die Zeit wegläuft und wir nicht warten können, bis sich die politische Klasse von lieb gewonnenen Dogmen verabschiedet haben (Stichwort: schwarze Null), wäre dies ein guter Kompromiss, welcher die Ausgaben ermöglicht, die wir brauchen.